Ein Abend mit MAGUN – Spielbericht #1
Ein Abend mit Magun – Ein Bericht von Kosh
Setup: GM (hauptsächlich LARPer, letztes GM liegt Jahre zurück), 3 Spieler*innen (eine komplette P&P Neuling, ein Anfänger, und eine hauptsächlich LARPerin mit letztem P&P auch schon eine Weile zurück), ‚Irgendwo im Nirgendwo‘, ein halbvoller Würfelbecher, volle Chipstüten und Pizzaschachteln und 7 Stunden bis zum nächsten Tag…
Es beginnt wie immer bei einem neuen System: Der Kurzzusammenfassung von Welt und grobem Setting. Also, 22000 Jahre im Schnellverfahren, und der grobe Hintergrund für einfache Leute. Denn einfache Leute sollten es werden, keine „Neos“, sondern nur solche, die zur falschen Zeit am falschen Ort waren 😉 Daher wurde die Söldnerkolonne aus dem Abenteuer auch zu einer bewachten Handelskarawane, weil da einfacher verständlich war, warum sie überhaupt unterwegs waren, jede (alle Charas waren weiblich) aus ihren eigenen Gründen. Aber dazu braucht es ja erst mal die Charaktere.
Also: Charaktere machen. Erstmal das grobe Konzept festlegen. Wie praktisch, dass es dafür schon ein Kästchen auf dem Charabogen gibt. Je nach direkter Anlehnung an Figuren aus anderen Fantasywelten bis hin zu eher abstrakten Konzepten waren es dann eine Alchemistin/Händlerin, eine hauptsächlich durch Städte streunende Vulpa und eine Rangerin.
Dann die Primärattribute. 110 Punkte sind echt viel und man hat das Gefühl, Übercharaktere zu erschaffen. Nichtsdestotrotz waren sie dann alle am Ende weitestgehend ausgeglichen, nur einige wenige überragende Fähigkeiten und keine wirklich schlechten. Die abgeleiteten Werte waren schnell beieinander, vor allem dank der Rechentabelle.
Jetzt die Fähigkeiten. Das war die echte Herausforderung des Abends. Sehr, sehr viele, und auch noch mit den Waffenfähigkeiten und Sprachen, die zu berücksichtigen sind. Mit zwei physischen und zwei digitalen Regelbüchern sowie dem Tabellenheft und jede Menge blättern gingen dann doch mehr als eine Stunde ins Land. Gut, dass der GM als Enzyklopädie und Suchmaschine zur Verfügung steht ‚was macht denn…?‘ – ‚ich schaue, mach mal was anderes‘. Letztendlich hat man das Gefühl gehabt, dass die Charas schon unglaublich viel wissen und können.
Das Shopping mit den Ausrüstungspunkten war dann doch viel entspannter, und erlaubte dem GM, drei Blocks weiter die Pizzas zu besorgen 🙂
So, damit waren dann die ersten drei, dreieinhalb Stunden durch, und nach der Pizza als verdiente Pause konnte es dann richtig losgehen.
Wer das Abenteuer „Irgendwo im Nirgendwo“ noch spielen will, sollte nun nicht mehr weiter lesen. Spielleiter*innen können aber gerne weiterlesen.
!!!!Ab jetzt kommen SPOILER für Spieler*innen!!!!
So starteten die Heldinnen mit der Karawane in Nebel und Regen. Und natürlich musste ihr Wagen, ganz am Ende der Karawane, eine Panne haben. Die Vulpa versuchte noch, Hilfe von der Karawane zu holen, wurde aber rüde zurückgeschickt, während die Rangerin immerhin schon mal Holz für die Reparatur organisierte, und die Händlerin den Wagen ausräumte, um ihn aufzubocken, und den beiden NSCs mit den Vorbereitungen für die Reparaturen half.
Kaum waren allen am Arbeiten kam dann auch noch einer von der bewaffneten Eskorte per Pferd und hat sie mürrisch darauf hingewiesen, dass die Karawane hinter einem Hügel für die Nacht ihr Lager aufschlagen würde und verschwand dann wieder grußlos.
So arbeiteten sie, bis die Vulpa mit ihrer scharfen Nase den Geruch von Rauch bemerkte und fernes Waffenklirren hörte. Das sich schnell näherte. Daraufhin war man sich einig, abzuhauen und die Vulpa schirrte sogar das Maultier aus und rannte den Weg zurück, einem Wald entgegen, den sie erst kurz zuvor passiert hatten. Händlerin und Rangerin versuchten, den etwas weniger behänden NSCs zu helfen, aber kamen dadurch langsam voran. Und da kamen die Schatten von Reitern im Nebel schnell auf sie zu. Aber sie waren trotzdem schnell genug, dank des Nebels. Auch wenn verirrte Pfeile erst das Maultier und zuletzt auch noch die NSCs töteten, gelang die dramatische Flucht am Ende nicht nur der Vulpa, sondern allen.
Im Wald kamen sie wieder mit der Vulpa zusammen und nach kurzer Diskussion drangen sie tiefer in den Wald ein. Glücklicherweise hörte es allmählich auf zu regnen, und durch das ansteigende Gelände kamen sie allmählich auch aus dem Nebel. Nach einer Weile gelangten sie zu einer Höhle, doch beunruhigendes Schnarchen aus ihr hielt sie davon ab, sich das näher anzusehen.
Nach einer weiteren Weile des Suchens fanden sie eine Lichtung mit Hügel und Hütten drauf. Sehr, sehr vorsichtig schauten sie hin, kletterten auf einen Baum, um einen besseren Überblick zu bekommen, und diskutierten. Die Vulpa war voll dagegen dahin zu gehen, die Händlerin zauderte, aber die Rangerin fasste sich ein Herz und erkundete den Hügel. Sie fand einen verlassenen Köhlermeiler und sah am Horizont, zu weit, um es am selben Tag zu erreichen, ein Dorf. Zurück bei den anderen beschlossenen sie, noch eine Weile zu warten, aber letztendlich bewegten die Argumente der Händlerin sie dazu, die Hütten für die Nacht zu nutzen. Leider untersuchten sie sie nicht im Detail, so dass ihnen die Möglichkeit auf ein wärmendes Feuer entging. Während der zweiten Wache wurden sie durch Wolfsgeheul aufgeschreckt, aber glücklicherweise half es ihnen, sich mucksmäuschenstill zu verhalten, und nichts weiter geschah.
Am nächsten Morgen brach die Vulpa sofort zum Dorf auf, während Händlerin und Rangerin erst etwas aßen, wie bereits am Abend zuvor (sie hatten glücklicherweise was auf ihrer Reise mitgenommen), und waren dadurch gestärkt und besser vorbereitet. Das machte sich darin bemerkbar, dass sich die Vulpa, an Städte gewöhnt, verlief, während sich die Rangerin an einem Bachlauf orientieren konnte. Durch die Verzögerung und die Notwendigkeit zurückzulaufen wurde die Vulpa wieder mit den anderen beiden vereinigt.
Am Rande des Waldes kurz vor der Siedlung konnten die feinen Sinne der Vulpa und auch die der Rangerin, wenn auch nicht so detailliert, streitende Stimmen hören. Zwei zwielichtige Typen stritten dort über die Leiche eines Soldaten aus der Karawane, der sich offenbar auch in Richtung Wald abgesetzt hatte. Aber die drei waren sich nicht sicher, ob die Typen nicht eventuell aus dem Dorf kamen, und so beschlossen sie, sich ihnen vorsichtig, aber offen zu nähern.
Aber offenbar waren die beiden nicht kompromissbereit aufgelegt und gingen zum Angriff über (hier hat der GM die Kampfregeln massiv vereinfacht, da es zum Einen nicht zu lange dauern sollte, und da er sie zum Anderen auch für den Moment als zu „Overkill“ für die Situation empfand und für Neulinge zu anspruchsvoll. Und zu spät, schließlich war das Finale nahe und der nächste Tag auch).
Die Vulpa versuchte immer noch, sich rauszureden, während die Händlerin ein paar Schritte zurückging, und die Rangerin in den Angriff überging und einen Pfeil verschoss, aber leider kaum mehr als eine geringe Verwundung erreichte.
Dann waren sie auch schon im Nahkampf, je einer mit der Rangerin und der Vulpa, die sichtlich ungläubig war, dass jemand nicht auf sie hören wollte. Das Handgemenge zog sich hin, aber die Händlerin nahm sich ein Herz, kam von hinten, und rammte einem der Weglager ein Messer zwischen die Rippen. Das wirkte, und der Getroffene nahm stolpernd und schreiend Reißaus. Das motivierte auch seinen Spießgesellen dasselbe zu tun.
Anstelle sie zu verfolgen, beschlossen die drei dann lieber den Körper des Soldaten und das Pferd zu looten und dann schleunigst in Richtung Dorf weiterzuziehen. Da ihre Grundausrüstung aber schon recht schwer war, wurden nur leichte Sachen mitgenommen.
In der Hoffnung, dass es jetzt mehr bringen würde, da die Weglagerer nicht in Richtung Dorf geflohen waren, näherten sie sich dem Dorf offen und mit Gesten des Friedens. Trotzdem wurden sie von einer Phalanx von behelfsmäßig bewaffneten und eher wenig kampfgewohnten Bauern begrüßt. Nicht so sicher, wie es weitergehen sollte, versuchten sie beschwichtigend zu wirken, bis die Gleris des Dorfes hervortrat und sie sehr bestimmt aufforderte, sich zu erklären. Jetzt konnte die Vulpa ihre rednerischen Fähigkeiten voll ausspielen, und die Dorfbewohner von der Harmlosigkeit der Gruppe überzeugen. Damit waren sie gerettet.
Vorest.
Und es gab natürlich danach erstmal eEP für alle 😉
Fazit:
Das Abenteuer war als erstes sehr gut geeignet, auch, weil es schön kurz ist. Keine große Komplexitäten, weder für Spieler, noch für den GM.
Das aufwändigste des Abends war klarerweise, die Fähigkeiten der Charaktere zusammenzustellen. Auch wenn man eine gute Vorstellung von Magun oder einem der ähnlichen Fantasyuniversen hat, sind die diversen Abhängigkeiten, Spezialisierungen etc. schwer zu überblicken. Hier hätte der GM eventuell auch vorab schon mal für die gewünschten Charakonzepte ein paar Gruppen von Fähigkeiten zusammenstellen können, um das zu beschleunigen. Aber vor allem die Tatsache, dass viele Fähigkeiten ‚billig‘ sind, und man daher sehr viele braucht, macht es recht unübersichtlich. Dazu kommen die Möglichkeiten, was man bei Waffenfähigkeiten alles beachten muss, und was was quer beeinflusst.
Ansonsten lief das Spiel eher etwas in 3rd-Person-Perspektive, aber das dürfte mehr mit dem Rost-/Neuigkeitsgrad zusammenhängen, als mit dem System.
Am Ende war jedoch bis jetzt relativ wenig Magunspezifisches im Spiel, außer bei der Charaerschaffung. Daher wird es dann bei der nächsten Runde interessanter. Da ist dann das zweite Oneshot ‚Der alter Schwur‘ dran, und das hat da mehr zu bieten.
Kommentar von Leander
Danke erst mal für den spannenden Bericht. Ich fand es sehr spannend wie jemand, der nie Kontakt zu MAGUN hatte mit den Regeln und der Welt umgeht. Einige Dinge sind mir besonders ins Auge gefallen:
- Zu viele Punkte bei der Erschaffung
Diesen Punkt fand ich sehr spannend, da quasi alle meine Testspieler*Innen sich über zu wenig Punkte beim Start beklagen. Wer einige gute Attribute haben möchte muss schnell bei anderen schmerzlich verzichten. Die Idee ist zwar auch, das die Abenteuercharaktere deutlich besser und fähiger sind, als der „durchschnitts NSC vom Lande™“ aber ich hatte nie das Gefühl Übermenschen bei Einstiegsabenteuern zu haben. Eher umgekehrt. Selbst bei meinen eigenen Beispielcharakteren spüre ich selbst das Verlangen mehr Punkte zum Start zuzulassen da mir oft 20 bis 30 Punkte fehlen um noch ein besonderes Extra dazu zu kaufen. Aber so ist das halt mit der Wahrnehmung. Die einen wollen mehr, die anderen brauchen weniger. So oder so, spannend zu lesen wie dieser Teil der Erschaffung auf die unterschiedlichen Spieler*Innen wirkt. - Die Kampfregeln stark vereinfachen
Das ist ein Punkt den ich etwas schade fand, da ich die Erfahrung gemacht habe, das selbst Neulinge im Pen&Paper gut damit klar kamen, und gerade das System so wie es ist einen spürbareren Kampf erzeugt. Und nicht nur ein abstrakter Zahlenwert ist. Ich habe immer wieder mal versucht das Kampfsystem für mich selbst zu reduzieren. Allerdings musste ich schnell abbrechen da es schnell zu einem Punkt kam, bei denen der Kampf wieder so abstrakt wurde wie ich es bei vielen Systemen verspüre. Aber auch hier. Es ist so eine Sache mit der Wahrnehmung.
Ich hoffe ihr werdet noch viel Spass haben und beim nächsten Abenteuer einen schönen, spannenden Kontakt zur Geisterwelt haben. Ich freue mich auf euren Bericht.
Und alle anderen, die auch MAGUN spielen. Schreibt mir eure Erfahrungen. Ich freue mich über Geschichten eurer Charaktere.
Nachtrag: Der Text wurde lediglich Korrektur gelesen, inhaltlich blieb er unverändert.