Die Regeln unter der Lupe: Teil 2 – Das Kampfsystem

In der Beschreibung meines Kampfsystems spreche ich von einem “spürbaren” Kampfsystem.

Mich hat es früher oft gestört, nur eine Zahl von einer anderen abzuziehen und mir irgendwie vorstellen zu müssen wie und wo mein Charakter verletzt ist. Klassische Lebenspunkte sind zwar schnell und leicht zu verstehen, sind mir aber zu abstrakt und geben mir schnell das Gefühl von einem Computerspiel, weniger von einer fühlbaren Geschichte. Hier erkläre ich die wichtigsten Aspekte des Kampfsystems. (Bitte lest noch die Regeln der Grundmechanik im letzten Beitrag, um hier nicht zu stolpern)

Erster Aspekt: Zeit, Runden, Handlungen

Jeder Charakter hat sogenannte „Aktionspunkte“ (AP), die sich aus den Attributen des Charakters ergeben. Sprich, der körperliche Zustand und die geistige Mobilität beeinflusst die Agilität und Handlungsfähigkeit des Charakters. Die Aktionspunkte schwanken meistens zwischen 5 und 8.

Eine „Runde“ in MAGUN entspricht in etwa 8 Sekunden in der gespielten Welt. In diesen 8 Sekunden kann ein Charakter seine zur verfügung stehenden Aktionspunkte investieren, um zu handeln. Um die Reihenfolge zu ermitteln, wann welcher Charakter und Nichtspielercharakter (NPC) handeln darf, wird die „Initiative“ festgelegt. Diese ergibt sich aus der Reaktionsfähigkeit des Charakters und dessen Tapferkeit. Wer den höchsten Wert hat, handelt zuerst und kann dann mindestens eine Handlung für die entsprechenden Aktionspunkte ausführen. Ist der Charakter besonders schnell, kann er mehrere Handlungen durchführen. Die AP-Kosten bleiben allerdings erhalten. Die Aktionspunkte sind also ein wichtiges strategisches Element, da von den Aktionspunkten nicht nur offensive Handlungen bezahlt werden, sondern auch Paraden und Ausweichversuche.

Den Werten der Initiative entsprechend geht es nun reihum. Jeder handelt, wie es ihm zusteht und möglich ist und erst wenn alle Beteiligten ihre Aktionspunkte aufgebraucht haben, beginnt eine neue Runde. Aus den vielen Testrunden hat sich klar herausgestellt, dass die meisten Kämpfe selten länger als 2 oder 3 Runden dauern.

Zweiter Aspekt: Können und Stärke

In MAGUN wird der Schaden der Waffe stark vom Können des kämpfenden Charakters beeinflusst. Zwar hat eine große Waffe ein grundsätzlich größeres Potential Schaden zu verursachen, allerdings kann dieses Potential NICHT ausgeschöpft werden, wenn der Charakter, der sie führt, nicht stark oder geschickt genug ist. Ein Schwächling wird also mit einer großen Waffe nie das volle Potential der Waffe ausreizen können. Doch kann der schwache Charakter durch Geschick mit kleineren Waffen zu starken Charakteren leicht aufschließen (und diese auch überholen), wenn es darum geht, einen Gegner zu besiegen.
Eine große Waffe benötigt in der Regel eine höhere Muskelkraft des Charakters. Ist der Charakter zu schwach, kann er die Waffe zwar führen, erleidet aber Mali beim Führen der Waffe. Jede Waffe hat einen „Kampfbonus“, der die Art zu kämpfen bestimmt. Es gibt Waffen, die mehr auf Kraft ausgelegt sind und Waffen, für die es mehr auf Geschickt ankommt. Dadurch sind variationsreiche KriegerInnen möglich, und trotz des Simulationsgrades ist Style kein zu großes Hindernis.

Dritter Aspekt: Wunden statt Schadenspunkte

Das Kampfsystem arbeitet mit „Trefferzonen“ und „Wunden“. Man kann also im Kampf bestimmen, WO man den Gegner WIE trifft. Der Körper wird in sechs Trefferzonen (TZ) aufgeteilt: Der Kopf, die Arme, die Beine und der Torso. Die Wunden sind in fünf Gewichtungen unterteilt: Kratzer sind kleine, ignorierbare Wunden, die erst in größerer Anzahl gefährlich werden. Prellungen sind Verletzungen – meist durch stumpfe Waffen verursacht – die schon schmerzen, aber gut zu handhaben sind. Bei leichten Verletzungen fließt schon Blut und die Schmerzen sind eine spürbare Einschränkung. Schwere Wunden beeinträchtigen sehr deutlich und sind für die meisten durchschnittlichen NPCs an der Grenze zum Tödlichen. Kritische Wunden sind eine unverkennbare Bedrohung und können einen Gegner schnell außer Gefecht setzen. Die Mali, die durch Schmerzen und offene Wunden entstehen, erschweren kommende Proben. Und sollten die Schmerzen aller Wunden in Kombination die Kapazitäten des Charakters übersteigen, droht er, das Bewusstsein zu verlieren und zu verbluten.

Welche Wunde die Waffe verursacht und wo man den Gegner treffen möchte, wird mit nur einem einzigen gemeinsamen Wurf abgewickelt. Von den erwürfelten IEP kann man sich  eine Wunde erkaufen und die Trefferzone bestimmen. Die IEP-Kosten für die Trefferzone sind immer gleich, können aber durch Größenunterschiede der Kontrahenten modifiziert werden. Die IEP-Kosten für die Wunden hängen von der geführten Waffe ab. In vielen Rollenspielen ist der Schaden der Waffe völlig unabhängig vom Können des Charakters oder es wird nur ein kleiner Bonus durch Stärke/Geschick gewährt. In MAGUN ist das Können des Charakters viel wichtiger für den Schaden. Es ist nicht nur ein „Bonus“, besonders gut zu treffen, es ist notwendig, um relevanten Schaden zu verursachen.

Durch die Kombination von Wunden und Trefferzone werden Effekte verursacht, die den Kampf stark lenken können. So können Prellungen und schwerere Wunden am Kopf zur Bewusstlosigkeit führen. Leichte Verletzungen und schwerere Wunden können an den Armen zum Verlust der Waffe führen oder an den Beinen zum Sturz des Gegners. All diese Effekte können einen Kampf beenden, noch bevor ein wirklich tödlicher Stoß gesetzt werden muss.

Fazit

Das System erlaubt einen hohen Simulationsgrad, ohne zu lange zu dauern. Es erlaubt variationsreiche Charaktermodelle und ist selbst mit den hier beschriebenen Grundlagen abwechslungsreich und dynamisch. Kämpfe sind nicht nur langsam sinkende Punktwerte, sondern „spürbare“ Ereignisse, die nur wenig freies „Telling“ der Spielleitung braucht, um spannend erzählt zu werden. Durch die Wunden und Trefferzonen kann man sich sehr bildlich vorstellen, wie es einem geht und handelt glaubwürdiger bei anderen Situationen. Wer weiß, dass er eine schwere Wunde am Arm hat, wird das spielerisch anders umsetzen, als jemand der gesagt bekommt: Du hast von 13 Lebenspunkten noch 8 Lebenspunkte übrig. Zudem ist nicht NUR die pure Gewalt eines Charakters relevant und auch der Tod des Gegners ist nicht mehr die „einzige Option“ für einen Sieg.

Ja, das System verlangt ein wenig „Micromanagement“ und kann sehr tödlich* sein, doch haben selbst blutfrische SpielerInnen in meinen Testrunden schnell Gefallen an dem System gefunden, da es die Situation des Kampfes intensiver inszeniert, ohne zu sehr ausgeschmückt werden zu müssen. Zudem ist mein Charakterbogen so konzipiert, dass die kleine Organisationsarbeit angenehm auf einem Blick abgewickelt werden kann.

Das waren die entscheidenden Aspekte des Kampfes. Es gibt noch viele Dinge um dieses System herum, zum Beispiel der Kampf vom Pferd aus, der Fernkampf oder waffenlose Kampfstile. Der Grundaufbau ist allerdings immer gleich und basiert auf dem hier beschriebenen Aspekten.

Im nächsten und letzten Part dieser Regelreihe gehe ich auf die Magie in MAGUN ein.

*Teamwork ist sehr wichtig in einem Kampf bei MAGUN. Eine gut zusammenarbeitende Gruppe kann niedergehende Kameraden kompensieren. Einzelkämpfer werden eher untergehen.

4 Comments on “Die Regeln unter der Lupe: Teil 2 – Das Kampfsystem

  1. Was leider nicht aus dem Beitrag hervor geht: Kann man Angriffe auch parieren? Wenn nein, könnte selbst ein guter Krieger durch einen schlechten Wurf seinerseits und einen guten Wurf des Gegners (die Variation und das Scheitern mit 5% ist ja sehr hoch) zu Fall gebracht werden.

    • Oh, guter Punkt XD
      Ja, das Opfer eines Angriffs hat die Möglichkeit auf eine Parade oder auf einen Ausweichversuch. Diese Proben können durch das hohe Können eines Gegners erschwert werden. Schilde, Linkhandwaffen und Spezialisierungen können die Verteidigung wiederum stärken.

  2. Wie funktioniert das mit Abwehr, Rüstungen und Schilden?

    Fern und Reiterkampf?

    • Hi
      Sorry für die späte Rückmeldung. Ich komme derzeit zu nicht viel. Es ist zu viel los.
      Als Verteidiger kann man mit der geführten Waffe oder einem Schild parieren. Wenn dafür die Aussichten zu schlecht sind oder kein Schild vorhanden sind, kann man auch versuchen der Attacke auszuweichen. Parieren oder Ausweichen hat Vor- und Nachteile. Man kann nicht alles parieren, allerdings kostet das Ausweichen mehr Aktionspunkte und macht einen damit schnell angreifbar.

      Rüstung modifiziert die erhaltene Wunde. Es gibt 4 arten von Rüstungen. Unterrüstung, leichte Rüstung, verstärkte Rüstung und schwere Rüstung. Unterrüstung kann mit einer der anderen drei Rüstungen kombiniert werden um eine noch stärkere Modifikation zu erreichen. So kann eine schwere Wunde in eine deutlich leichtere Wunde abgeschwächt werden.

      Fernkampf läuft im Endeffekt wie der Nahkampf ab. Nur gibt es mehr Modifikationen für den Angriffswurf durch Bewegung, Sicht und Distanz. Bei mir haben selbst die Schusswaffen, wie Bögen, Nahkampfwerte. (Für die ganz verzweifelten Kampfmomente 😉 ) Geschosse machen nicht so viel Schaden wie Nahkampfwaffen, können aber selbst den stärksten Kämpfer schnell in die Knie zwingen, da sie eine starke behinderte Wirkung haben.

      Für die Reiter habe ich einige gesonderte Regeln. Durch das schnelle Reiten können Kämpfe vom Pferd aus nicht nach der gleichen Reihenfolge wie normale Nahkampfattacken abgewickelt werden. Daher habe ich eine Regelung gefunden, die Pferdkämpfe ohne Probleme in mein Rundensystem eingliedert, es aber erlaubt die Geschwindigkeit eines Pferdes zu simulieren. So können schnelle Reiter nur im Nahkampf angegriffen werden, wenn diese selbst zum Angriff über gehen. Der Reiter kann dafür aber auch nicht so oft oder wiederholt auf ein Opfer einschlagen, da auch er zu schnell wieder weg ist. Dazu kommen noch Größenunterschiede und Boni für Attacken durch Geschwindigkeit etc. Auch das Pferd selbst kann zum Schaden beitragen, indem man es zum Rammen benutzt.

      Ich hoffe das war informativ genug 🙂 Wenn noch Fragen bestehen, immer her damit. Ich sollte jetzt auch wieder schneller zum Antworten kommen.

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